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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 24.01.2005
Aktenzeichen: 16 WF 171/04
Rechtsgebiete: RVG, ZPO
Vorschriften:
RVG § 59 | |
ZPO § 120 Abs. 3 Nr. 2 | |
ZPO § 122 Abs. 1 Nr. 1b | |
ZPO § 123 | |
ZPO § 126 |
§ 122 Abs. 1 Nr. 1b ZPO meint nur die Ansprüche des beigeordneten Rechtsanwaltes gegen die eigene Partei.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE
Karlsruhe, 24. Januar 2005
Beschluss
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidelberg vom 08. Juli 2004 - 36 F 157/03 - aufgehoben.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin hatte vor dem Familiengericht Heidelberg die Regelung des Umgangs des Antragsgegners mit den gemeinsamen Kindern .. und .. beantragt. Der Antragstellerin war Prozesskostenhilfe gegen Monatsraten von 45 €, dem Antragsgegner Prozesskostenhilfe ohne Raten bewilligt worden. Beiden Beteiligten waren Rechtsanwälte beigeordnet worden. Die Eltern schlossen zur Regelung des Umgangsrechts eine Vereinbarung. Im Beschluss vom 27. Februar 2004 wurde die Vereinbarung gerichtlich bestätigt und zu den Kosten bestimmt: "Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Parteien hat der Antragsgegner zu tragen." An die den Beteiligten beigeordneten Rechtsanwälte wurden auf jeder Seite 571,30 € aus der Staatskasse ausbezahlt. Mit Beschluss vom 24. Juni 2004 bestimmte die Rechtspflegerin: "Gem. § 120 Abs. 3 Ziffer 2 ZPO wird die vorläufige Einstellung der von der Klägerin gemäß Beschluss vom 06.10.2003 zu erbringenden Ratenzahlung angeordnet, da die Klägerin ihre Kosten gemäß Entscheidung vom 27.02.2004 bei der Gegenseite geltend machen kann." Diesen Beschluss hob die Rechtspflegerin sodann mit dem angefochtenen Beschluss vom 08. Juli 2004 wieder auf mit der Begründung, "die Kosten (könnten) bei der Gegenseite nicht angefordert werden ..., da der Antragsgegner ratenfreie Prozesskostenhilfe (habe)". Die gegen diese Entscheidung eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin, der der Bezirksrevisor entgegengetreten ist und welcher die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat, hat Erfolg. Es hat bei dem Beschluss vom 24. Juni 2004 zu verbleiben, jedoch mit der Maßgabe, dass die Antragstellerin ihre Ratenzahlung deshalb einstellen kann, weil die Landeskasse die für die Antragstellerin aufgewendeten Rechtsanwaltskosten bei dem Antragsgegner geltend machen kann.
1. Die Antragstellerin selbst und die ihr beigeordneten Rechtsanwälte (§ 126 Abs. 1 ZPO) können aufgrund der Kostenentscheidung vom 27. Februar 2004 von dem Antragsgegner verlangen, dass dieser der Antragstellerin die bei ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten erstattet. Nachdem die Staatskasse die Tätigkeit der der Antragstellerin beigeordneten Rechtsanwälte vergütet hat, ist dieser Erstattungsanspruch gem. § 130 BRAGO jetzt § 59 RVG, auf die Staatskasse übergegangen. Damit sind die Voraussetzungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 ZPO eingetreten; die für die Antragstellerin aufgewendeten Rechtsanwaltskosten können von der Landeskasse bei dem Antragsgegner beigetrieben werden. Der Umstand, dass (auch) dem Antragsgegner Prozesskostenhilfe ohne Raten bewilligt wurde, steht dem nicht entgegen, dass die Landeskasse eine Beitreibung versuchen kann (BGH Beschluss vom 11. Juni 1997 - XII ZR 254/94 - FamRZ 1997, 1141; Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, 15. Aufl., 2002, § 130 Rn. 11 sowie RVG, 16. Aufl., 2004, § 59 Rn. 14). Zwar bestimmt § 122 Abs. 1 Nr. 1b) ZPO, dass die Staatskasse die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte gegen die Partei nur nach den Bestimmungen gegen die Partei geltend machen kann, die das Gericht getroffen hat. Ist beiden Parteien (hier: beiden Beteiligten) Prozesskostenhilfe bewilligt worden, und hat die Staatskasse den beiden Beteiligten beigeordneten Rechtsanwälten jeweils ihre Tätigkeit vergütet, kann indessen unter dem auf die Staatskasse übergegangenen Anspruch im Sinne des § 122 Abs. 1 Nr. 1b) ZPO jeweils nur der Anspruch verstanden werden, welcher dem beigeordneten Rechtsanwalt gegen die eigene Partei zusteht; nur bei diesem Anspruch ist die Staatskasse gehindert, ihn sofort in voller Höhe bei der Partei geltend zu machen; sie muss bei ratenfreier Prozesskostenhilfe davon gänzlich Abstand nehmen, bei Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlungsanordnung sich mit den Raten begnügen - es sei denn, sie kann sich, wie im vorliegenden Fall, bei dem Gegner schadlos halten; dann hat sie - zunächst - auch von der Einforderung von Raten abzusehen. Nicht in § 122 Abs. 1 Nr. 1b) ZPO gemeint ist der Kostenerstattungsanspruch, welcher dem beigeordneten Rechtsanwalt nach § 126 ZPO gegen den Gegner seiner eigenen Partei zuwachsen kann. Soweit dieser auf die Staatskasse übergeht, kann er ohne Einschränkung geltend gemacht werden. Eine andere Auslegung wäre auch mit dem Sinn des § 123 ZPO nicht vereinbar: Wird einem Beteiligten auferlegt, die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, schützt sie auch die Bewilligung eigener Prozesskostenhilfe nicht vor dem Erstattungsanspruch des Gegners. Es kann dann aber keinen Unterschied machen, ob dem Gegner seinerseits Prozesskostenhilfe bewilligt ist und der Erstattungsanspruch auf die Staatskasse übergegangen ist oder ob der Gegner den Erstattungsanspruch im eigenen Namen geltend machen kann.
2. Der Bezirksrevisor scheint den Standpunkt zu vertreten, dass die Staatskasse gegen die Antragstellerin, die gem. § 2 Nr. 1 KostO für die entstandenen Kosten haftet, auch die Kosten geltend machen kann, die bei ihr durch die Vergütung der Rechtsanwälte des Antragsgegners entstanden sind. Dies wäre dann richtig, wenn man - erneut - unter den auf die Staatskasse übergegangenen Ansprüchen der beigeordneten Rechtsanwälte (§ 122 Abs. 1 Nr. 1b ZPO) auch diejenigen verstehen würde, die bei den Rechtsanwälten der Gegenpartei entstanden sind und wenn man aus § 122 Abs. 1 Nr. 1b ZPO, ggf. in Verbindung mit § 2 Nr. 1 KostO, herauslesen könnte, dass die Staatskasse auch diese Kosten als solche bezeichnen dürfte, welche die Partei ratenweise abzutragen hat. Indessen ist oben schon für den umgekehrten Fall festgestellt worden, dass § 122 Abs. 1 Nr. 1b ZPO jeweils nur die Ansprüche der Rechtsanwälte meint, die der Partei selbst beigeordnet worden sind.
3. Nach allem wird deshalb zunächst zu versuchen sein, die von der Staatskasse für die Antragstellerin aufgewendeten Rechtsanwaltskosten bei dem Antragsgegner geltend zu machen. Da der Senat nur die vorläufige Einstellung der Ratenzahlungen wiederhergestellt hat, muss die Antragstellerin indessen damit rechnen, dass sie Ratenzahlungen wieder aufnehmen muss, sobald die Landeskasse mit ihrer auf sie übergegangenen Forderung gegen den Antragsgegner ausgefallen ist.
Ende der Entscheidung
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